Die Anfänge: Als der Ball noch rund war
Auch wenn es American Football heißt, so hat der Sport doch seine Ursprünge in Großbritannien. Im frühen 19. Jahrhundert wurde Fußball immer populärer. Eher zufällig sorgte 1823 William Webb Ellis für eine Revolution, als er sich während eines Fußballspiels frustriert den Ball unter den Arm klemmte, und damit über die Torlinie rannte. Daraus entwickelte sich schnell Rugby. Beide Spiele kamen mit den englischen Einwanderern auch in die USA.
Dort spielte man vor allem an den Elite-Universitäten an der Ostküste ein Spiel namens „Mob Football“. Dabei nahmen beliebig viele Spieler teil und versuchten, den Ball auf jede nur erdenkliche Art und Weise ins Tor zu befördern. Das Spiel hatte seine Wurzeln ebenfalls in England – jedoch im Mittelalter. Aufgrund der hohen Brutalität, mit der es betrieben wurde, wurde es zu Beginn der 1860er Jahre verboten.
Ungefähr zur selben Zeit entstand in Boston ein Spiel, bei dem der Ball gekickt oder getragen werden konnte. Dieses Spiel wird heute als „Boston Game“ bezeichnet. Unter den Spielern entstand der Oneida Football Club, der heute von verschiedenen Historikern als erster Footballverein der Welt angesehen wird. Ende der 1860er Jahre hatte es diese Form des Sports wieder auf die Sportplätze von Universitäten wie Princeton, Yale, Rutgers und Brown geschafft gehabt. Am 6. November 1869 trugen Rutgers und Princeton ein Spiel aus, welches heute als das erste College-Footballspiel der Geschichte angesehen wird. Princeton siegte mit 8:0.
Schnell fanden andere Universitäten der Gegend Gefallen an den Duellen und schlossen sich dem Treiben an und legten schließlich am 20. Oktober 1873 Regeln fest. Da diese jedoch mehr dem Fußball als Rugby glichen, nahm Harvard die Regeln nicht an. So fehlte es an Gegnern. Dieses Problem löste Harvard, indem man gegen die McGill Universität aus Montreal spielte. Da man dort jedoch nur Rugby spielte, einigte man sich darauf, zwei Spiele auszutragen und zwar eines nach Rugbyregeln und ein weiteres nach den Regeln des Boston Games. Dieses Spiel fand am 14. Mai 1874 statt, und die Amerikaner entdeckten schnell ihre Faszination für das damals noch relativ runde Lederei. Das Boston Game überzeugte die führenden Colleges, die sich 1876 zu einem neuen Verband formierten.
Walter Camp: Der „Erfinder“ des Footballs
Als „Vater“ des Footballsports gilt noch heute Walter Camp. Der ehemalige Yale-Student war es, der 1880 die Reduzierung der Spieleranzahl von 15 auf elf durchsetzte. Das war eine erste klare Trennung vom ursprünglichen Rugby. Auch die Einführung der Line of Scrimmage und des Snaps waren Camps Ideen und sind bis heute wichtige Bestandteile des Spiels. Auch die Einführung der ersten Formen von Downs und Entfernung für ein neues First Down gingen auf Camps Kappe.
Der Sport gewann immer mehr Befürworter und so wurde bis 1900 bereits an 43 Universitäten Football gespielt. Allerdings war dies auch die Zeit, in der Football aufgrund seines hohen Gewaltpotenzials für negative Schlagzeilen sorgte. Den Tiefpunkt erreichte der Sport 1905, als in den USA zwölf Spieler bei Footballspielen starben. Im Jahr darauf wurde der Vorwärtspass eingeführt und erlaubt. Zugleich wurden Massenformationen, bei denen die meisten schweren Verletzungen und Todesfälle auftraten, verboten. Football war auf dem besten Weg, populär zu werden.
Erst 1912 gab es für einen Touchdown sechs Punkte. Und dank des Vorwärtspasses, der von verschiedenen Universitäten zunehmend genutzt wurde, fand Football auch über die Ostküste hinaus mehr und mehr Fans. Doch während College Football die Maßen begeisterte, fristete Profifootball ein eher trauriges Dasein.
Profifootball als Randsportart
1892 war William „Pudge“ Heffelfinger der erste Profifootballer der Geschichte. Der ehemalige All-American Guard von Yale kassierte stolze 500 US Dollar für ein Spiel gegen den Pittsburgh Athletic Club. Das erste Profispiel fand drei Jahre später statt, als die Latrobe Athletic Association den Jeannette Athletic Club mit 12:0 besiegte. Das älteste noch heute existierende Profiteam sind die Arizona Cardinals, die 1899 als Morgan Athletic Club in Chicago gegründet wurden und seither mehrfach eine neue Heimat hatten.
Die erste bekannte Profiliga war die 1902 gegründete National Football League, die jedoch nichts mit der heutigen NFL zu tun hatte, sondern entstanden ist, weil mehrere Baseballteams der Major League Baseball Footballteams gegründet hatten. Die Liga existierte aber nur zwei Jahre.
Das Profispiel wanderte zunehmend in Richtung Ohio, wo sich in den Arbeitergebieten gleich mehrere Profiteams gegründet hatten. Jene Ohio League war der direkte Vorläufer der heutigen NFL. Einer der Stars jener Zeit war Jim Thorpe. Er war ein All-America Halfback an der Carlisle Indian Industrial School. 1912 gewann er Goldmedaillen im Fünf- und Zehnkampf bei den Olympischen Spielen in Stockholm, Schweden. Heute ist Canton der Ort der „Pro Football Hall of Fame“, der Ruhmeshalle des Profifootballs.
NFL: Der Beginn eines Sport-Riesen
Auch wenn Profifootball zu Beginn des 20. Jahrhunderts kein Publikumsmagnet war, schossen die Preise im Kampf um die besten Spieler in die Höhe. Dieser Preiskampf hätte den Sport beinahe ruiniert. Daher beschlossen die vielen regionalen Verbände, sich auf Regeln zu einigen. So wurde 1920 die American Professional Football Association gegründet, deren erster Präsident Thorpe war. Ihr gehörten 14 Mannschaften an. Von jenen 14 Teams sind nur noch die Cardinals und die Chicago Bears (damals Decatur Staleys) auch heute Mitglied der NFL. Im Folgejahr expandierte die Liga auf 22 Teams. Unter ihnen waren auch die Green Bay Packers. Sie sind das Team, welches am längsten seinen ursprünglichen Namen in der NFL-Historie behalten hat.
1936 war das erste Jahr, in dem kein Team umgezogen ist, pleite gegangen ist oder ausgetauscht wurde. Fünf Jahre später wurde Elmer Layden zum ersten Commissioner der NFL ernannt. Den großen Durchbruch schaffte die NFL aber erst 1958 – und das mit einem einzigen Spiel. Das Endspiel zwischen den Baltimore Colts und den New York Giants wurde landesweit übertragen. Die Colts siegten mit 23:17 nach Verlängerung. Das Spiel trägt den Beinamen „The Greates Game Ever Played“.
Im folgenden Jahr gründete Lamar Hunt die American Football League als direkte Konkurrenz zur NFL. Diese wurde mittlerweile von Pete Rozelle angeführt, der den verstorbenen Bert Bell als Commissioner beerbte. Beide Ligen lieferten sich erbitterte Duelle – jedoch nur abseits des Platzes, vor allem um Spieler. 1966 einigten sich NFL und AFL schließlich darauf, die Auswahl der besten College-Spieler gemeinsam durchzuführen (bekannt als Draft) und am Saisonende ein Endspiel der beiden Liga-Champions abzuhalten. Dieses Spiel wird seit 1968 Super Bowl genannt.
Unter Rozelle und dessen Nachfolger Paul Tagliabue florierte die NFL weiterhin. Letzterer war es auch, der mit aller Macht versuchte, den Sport weltweit zu etablieren – ob nun mit Testspielen der NFL Teams oder durch die Gründung der NFL Europe. Tagliabues Nachfolger Roger Goodell machte die NFL schließlich zur profitabelsten Sportliga der Welt.
Heute ist die NFL in der ganzen Welt zuhause. In London veranstaltet die Liga jedes Jahr mehrere reguläre Saisonspiele. Auch in Mexiko, Kanada oder China ist Football ein großes Thema. Und hierzulande? Die NFL flackert Woche für Woche im Free TV in die heimischen Wohnzimmer und findet immer mehr Begeisterte.