Es kommt nicht häufig vor, dass man sich über eine Niederlage freuen kann. Die 33:36 Niederlage der RAIDERS TIROL bei den Frankfurt Galaxy ist so ein seltener Fall. Denn durch den knappen Spielausgang, setzten sich die Tiroler nach zwei Spielen mit einem Gesamtscore von 56:53 gegen den amtierenden ELF-Champion durch und behielten dadurch die Oberhand im Tiebreaker um den Kampf um den letzten Playoff-Platz.

Die RAIDERS begannen stark und gingen gleich im ersten Drive in Führung, ehe der Faden riss und der Rhythmus in der restlichen ersten Hälfte vollkommen verloren ging. Die Gastgeber hingegen spielten hungrig und konnten zwischenzeitlich eine deutliche 23 Punkte-Führung aufbauen. Im Schlussviertel zeigten die RAIDERS aber ihr Tiroler Kämpferherz und erspielten zwanzig unbeantwortete Punkte, die die Niederlage so knapp werden ließ, dass sie sich wie ein Sieg anfühlte – 33:36 (7:0/0:16/6:20/20:0).

Quarterback Sean Shelton warf für 249 Yards (23/33) bei vier Touchdowns plus einem Rushing-Touchdown (77 Rushing-Yards), während die Receiver Marco Schneider und Adrian Platzgummer bzw. die Runningback Tobias Bonatti und CJ Okpalobi je einen Touchdown beisteuern konnten.

Traumstart-Serie fortgeführt

Runningback CJ Okpalobi konnte den Kickoff gleich in die gegnerische Hälfte retournieren, was den RAIDERS TIROL eine optimale Ausgangsposition für den ersten Drive bescherte. Die Offensive um Quarterback Sean Shelton klickte früh, durch First Downs der Wide Receiver Marco Schneider und Lukas Fink sah man sich bereits nach wenigen Spielminuten in der gegnerischen Red Zone. Nach einem weiteren First Down durch Okpalobi standen die RAIDERS TIROL vor den Toren der Frankfurter Endzone, mussten aber bei Second & Goal einen bitteren Sack einstecken. Sean Shelton zeigte sich davon aber nicht beeindruckt und antwortete unmittelbar mit einem 17-Yard Touchdown-Pass auf WR Adrian Platzgummer für die ersten Punkte des Spiels. Die RAIDERS TIROL konnten damit die eindrucksvolle Serie von frühen Scores (viertes Spiel in Folge mit dem Eröffnungstouchdown) auch gegen Frankfurt Galaxy fortführen. Nach dem Extrapunkt führten die Tiroler mit 7:0.

Die Frankfurter starteten ihren ersten Drive an der eigenen 20-Yard Line und kamen trotz eines Tackles for Loss von LB Ruben Seeber und einer False Start-Strafe der Offensive, durch Quarterback Jakeb Sullivan zum ersten First Down. Die Galaxy machten sich das Leben mit einer weiteren False Start-Strafe selbst schwer, was die Defensive der RAIDERS TIROL auch ausnützte und die Frankfurter zum Punt zwang.

Wie schon zu Spielbeginn, konnte RB Okpalobi den nächsten Drive mit einem starken Return eröffnen und sein Team abermals über der Mittellinie starten lassen. Sean Shelton nahm das Ei selbst in die Hand und lief zu einem neuen First Down. Die Defensive der Galaxy konnte die Tiroler nach einem missglückten vierten Versuch stoppen und sich so das Ballrecht tief in der eigenen Hälfte sichern. Nach einer Strafe gegen Daniel Fankhauser startete die Frankfurter Offensive knapp hinter der Mittellinie.

Sullivan nahm sich sofort ein Herz und fand seinen WR Lorenz Regler für einen Raumgewinn für 35 Yards. Die Defensive der RAIDERS TIROL war nach dem nächsten Rushing-First Down von Sullivan gefordert. WR Reece Horn fing einen Ball für sechs Yards – und die Galaxy standen an der 1-Yard Linie der Tiroler.

Zweites Viertel an Frankfurt

Zum Start des zweiten Viertels fand RB Thomas Fischbach mit einem Lauf über 1-Yard den Weg in die Endzone und damit auch zum Touchdown. Nach einer gescheiterten 2-Point-Conversion blieben die RAIDERS TIROL jedoch mit einem Punkt in Führung.

Der kommende Drive begann turbulent: Eine Delay of Game-Strafe gegen Sean Shelton wurde durch eine Strafe gegen Frankfurt aufgehoben – was den RAIDERS TIROL einen Raumgewinn von 15 Yards einbrachte. Okpalobi konnte einen kurzen Pass von Shelton zu einem großen Raumgewinn von 30 Yards ummünzen. Die Nummer 27 lief langsam heiß, direkt anschließend kam der gebürtige US-Amerikaner zu einem Raumgewinn von neun Yards. Das fällige Yard zum First Down konnte auch nach drei weiteren Versuchen nicht mehr erreicht werden, wodurch Galaxys QB Sullivan an der eigenen 29-Yard-Linie übernahm.

TE Kevin Mwamba, RB Thomas Fischbach und WR Marvin Rutsch sorgten für neue Angriffsserien, wodurch sich die Frankfurt Galaxy immer weiter in Richtung RAIDERS TIROL Endzone bewegten. Fischbach behielt bei 4&1 die Nerven und konnte sein Team an die sechs Yard-Linie der Tiroler führen. Mwamba kam nach einem Play-Action-Pass von Sullivan völlig frei in der Endzone zum Catch und sorgte somit für die erstmalige Führung für Frankfurt. Nach dem erfolgreichen Extrapunkt lagen die RAIDERS TIROL knapp drei Minuten vor dem Halbzeitpfiff mit 7:13 in Rückstand.

Shelton übernahm mit seiner Offensive an der eigenen 20-Yard Linie und lief auch gleich zu einem neuen First Down. Die folgenden Versuche brachten nur kurzen Raumgewinn ein, erstmals mussten auch die RAIDERS TIROL punten.

Frankfurt Galaxy hatte vor der Pause also noch einmal die Möglichkeit, die Führung auszubauen. QB Sullivan übernahm das Ei mit zwei Minuten auf der Uhr und fand zweimal WR Rutsch zu neuen First Downs. RAIDERS DB Jamalcolm Liggins zeigte sich bei einem tiefen Passversuch von Sullivan hellwach und verteidigte sehenswert. Durch ein Field Goal von K Rimmler wanderten drei weitere Punkte auf das Scoreboard Frankfurts: 7:16 aus Sicht der RAIDERS TIROL.

Zwanzig Sekunden vor Halbzeit war es einmal mehr Okpalobi der sein Team mit einem hervorragenden Return an die Spielfeldmitte führte. QB Shelton brachte einen Pass bei Fink an, der zum neuen First Down lief. K Arno Schwarz versuchte ein sattes 52 Yard-Field Goal, scheiterte aber ganz knapp, womit es mit einem neun Punkte Rückstand in die Kabine ging.

Turbulenter dritter Abschnitt

Das dritte Viertel startete mit einem guten Return von Frankfurts WR Niklas Schumm an die eigene 39-Yard-Linie. Nach einer Strafe gegen die Tiroler Defensive und einem Pass von Sullivan auf Regler, standen die Galaxy an der 31-Yard Linie der RAIDERS TIROL. Ein langer Run von Fischbach brachte die Frankfurter kurz vor die Endzone der Tiroler. Mwamba baute anschließend mit seinem zweiten Touchdown die Führung für die Galaxy aus, nach dem erfolgreichen Extrapunkt stand es 7:23 – ein denkbar schlechter Start in die zweite Hälfte.

Anschließend sorgte Okpalobi bei seinem Return für eine Schrecksekunde, nachdem er den Ball verlor. Die RAIDERS konnten das Ei aber unter Kontrolle bringen und blieben so in Ballbesitz. Nach zwei 15-Yard-Strafen gegen die Galaxy, fand sich Sean Shelton mit seiner Offensive an der gegnerischen 37 Yard-Linie wieder. Eine Interception von Shelton wurde auf Grund einer Roughing the Passer-Strafe zurückgezogen. Unbeeindruckt vom vermeintlichen Pick lief  Shelton selbst für 17-Yards zum Anschlusstouchdown. Die RAIDERS versuchten eine 2-Point-Conversion, Okpalobi scheiterte wenige Zentimeter vor der entscheidenden Linie – neuer Spielstand: 13:23.

Das hohe Tempo des dritten Viertels blieb aufrecht. Die Galaxy antworteten sofort mit einem 71-Yard Touchdown von Sullivan auf WR Hendrick Schwarz. Frankfurt vergab nach einem missglückten Snap den Extrapunkt, wodurch das Scoreboard 13:29 anzeigte.

Schlag auf Schlag ging es weiter. Okpalobi retournierte das Ei bis an die gegnerische 25-Yard Linie, was den RAIDERS TIROL eine starke Ausgangsposition bescherte. Eine weitere Strafe gegen die Galaxy brachte die Tiroler Offensive 15 Yards nach vorne. Nach drei Versuchen fehlte ein Yard zur neuen Angriffsserie – man entschied den vierten Versuch auszuspielen. RB Tobias Bonatti wurde vom Frankfurter Pulk gestoppt, Galaxy übernahm das Ei.

Reece Horn und WR Cheikhou Sow führten die Galaxy wieder in die Hälfte der RAIDERS. DE Niklas Gustav brach zu Sullivan durch und riss den Spielmacher zu Boden, was dieser unmittelbar anschließend mit einem 15-Yard-Run zu einem neuen First Down konterte. Ruben Seeber sorgte mit einem abgelenkten Pass für ein wichtiges Play – mit Wehrmutstropfen: DB Liggins musste angeschlagen vom Feld, konnte aber anschließend weitermachen. Sullivan testete RAIDERS DB Anderson sofort, der sich zu einer Pass Interference gegen Horn hinreißen ließ. Die Frankfurter Führung wurde anschließend auf 36:13 ausgebaut.

Aufgeben ist bekanntlich keine Option, Shelton übernahm selbst und lief zu einem neuen First Down bis in die gegnerische Hälfte. TE Markus Schaberl beendete das dritte Viertel mit einem Big Play-Catch über 29 Yards.

Wichtige Aufholjagd der RAIDERS TIROL

Der Schlussabschnitt startete mit einem Touchdown-Pass von Shelton auf Bonatti vielversprechend. RAIDERS TIROL Head Coach Kevin Herron ließ die Offensive am Feld, der abermalige Versuch einer 2-Point-Conversion wurde von den Frankfurt Galaxy gestoppt, was einen neuen Spielstand von 19:36 bedeutete.

Ein wichtiger Defensiv-Stop der Tiroler zwang die Galaxy zum Punt, wodurch die RAIDERS wieder in Ballbesitz kamen. Fink sorgte sofort für ein First Down, der Offensiv-Rhythmus schien wieder gefunden. WR Schneider und WR Rabensteiner taten es dem Receiver-Kollegen gleich und brachten dem Team neue Angriffsserien ein. Eine Facemask-Strafe gegen Frankfurt brachte die RAIDERS an die gegnerische 15-Yard Linie, von wo aus Okpalobi einen kurzen Pass von Shelton in die Endzone tragen konnte. Mit 26:36 ging es in die letzten neun Minuten der Partie.

Das Duell des Nachmittags – WR Horn vs. DB Liggins – ging derweil in die nächste Runde, die der Receiver mit einem neuen First Down für sich entscheiden konnte. Ein tiefer Pass von Sullivan auf WR Strahmann brachte kurze Entlastung für die Gastgeber. Der Defensivverband der Gäste hielt aber, die Galaxy versuchten ein Field Goal – und scheiterten.

Fünf Minuten blieb Shelton noch, die Partie zu drehen. Seine Offensive zeigte sich hellwach, RB Lukas Haselwanter und Tobias Bonatti sorgten für große Raumgewinne. Es kam zum kritischen Fourth-Down, die Raiders standen mit dem vierten Versuch an der gegnerischen 20-Yard-Linie. Coach Herron ließ seine Offensive auf dem Feld, Shelton brachte einen Pass auf Fink an, der kurz vor einem neuen First Down gestoppt wurde. Durch eine Holding-Strafe der Galaxy blieb der Drive am Leben.

Nach der 2-Minute-Warning fand Shelton sofort Rabensteiner in der Endzone, nach dem erfolgreichen Extrapunkt lagen die Raiders nur noch mit 33:36 zurück. Alles drin in dieser verrückten Partie!

Sullivan und seine Offensiveinheit starteten in der eigenen Hälfte. Mit einigen kurzen Pässen versuchte er sein Team auf Kurs zu halten. Das Drama nahm seinen Lauf, Sullivan ging mehr Risiko, warf auch in Double Coverage – und schließlich eine Interception. Arno Schwarz sorgte für das Big Play 31 Sekunden vor Schluss. Shelton und Co. gingen aber kein Risiko mehr ein und nahmen die knappe Niederlage per Victory-Formation in Kauf. Das direkte Duell ging durch einen Gesamtscore von 56:53 an die RAIDERS, was im Hinblick auf die Playoffs essentiell ist.

Somit gingen die RAIDERS TIROL zwar als Verlierer vom Feld, dürfen sich heute aber dennoch wie Sieger fühlen. Den amtierenden Champion aus Frankfurt wird man in der Premieren-Saison bei identischem Record hinter sich lassen.

Die Stimmen

LB Ruben Seeber: „Wir haben gewusst, dass es diesen sechs Punkte Unterschied gegeben hat. Es ist immer unser Ziel zu gewinnen. Wir haben aber die erste Hälfte verschlafen. Wir sind ein sehr gutes Team, deshalb sind wir in der zweiten Hälfte zurückgekommen. Wenn uns diese Niederlage im Playoff-Rennen hält, dann nehmen wir das in Kauf. Wir glauben immer an den Sieg, egal wie es gerade steht. In dieser Liga darf man sich wenige Fehler erlauben. Nächste Woche reicht keine Niederlage mehr, wir wollen gewinnen – das ist der Weg in die Playoffs.“

Head Coach Kevin Herron: „Wir konnten nicht ganz in den Rhythmus kommen wie wir wollten. Die Fans hier sind eine echte Crowd, es war schwer mit der Kommunikation. Ich bin aber wahnsinnig stolz auf die Jungs, ich war noch nie so froh über eine Niederlage. Die Mannschaft hat bewiesen, dass sie Kämpferherz hat. Wir haben das Momentum gewonnen, wenn das Spiel noch fünf Minuten länger dauert, dann gewinnen wir vermutlich noch.“

AUSBLICK:

Für die RAIDERS Tirol kommt es kommende Woche zum Showdown in der Regular Season der European League of Football. Gegen die Berlin Thunder gilt verlieren verboten, um sich den letzten Playoff-Platz zu sichern.

STATS

Foto: © Frankfurt galaxy/ Fritz Philipp photography